Sprang
Der Begriff Sprang stammt aus dem Schwedischen. Spranging, was so viel wie „laufend“ bedeutet. Sprang ist ein Kettenstoffverfahren mit aktiver Kette, bei der im Gegensatz zum Weben nur ein System aus parallel aufgespannten Fäden verwendet wird. Als Hilfsmittel zur Herstellung von Geflechten in Sprangtechnik wird eine Befestigungsmöglichkeit für die Kettfäden benötigt. Das muss kein spezieler Rahmen sein, ein niedrig hängender Ast, zwei Stuhllehnen oder ein einfacher rechteckiger Rahmen reichen aus. Meist wird die Kette zwischen zwei dünne Stäbe oder Schnüre gespannt. Diese werden im gewünschten Abstand voneinander befestigt, dann wird der Faden mit gleichmäßiger Spannung über die Stäbe gewickelt. Am Anfang und Ende wird der Kettfaden an geknotet. Die vor den Stäben liegenden Fäden werden dann mit den hinter den Stäben liegenden Fäden verkreuzt. Dabei entstehen oberhalb und unterhalb der Arbeitsposition Verkreuzungen. Mit Hilfe der Finger oder eines Stäbchens werden diese Verkreuzungspunkte an die Enden der Kette geschoben. Beim weiteren Arbeiten wächst so das Geflecht von beiden Enden zur Mitte hin – man arbeitet also bidirektional. Durch Überkreuzen oder Verdrehen der Kettfäden oder einzelner Fadengruppen entsteht ein elastisches, mehr oder weniger dichtes Geflecht. Je nachdem, welche Kettfäden miteinander verkreuzt werden, entstehen verschiedene Musterungen oder Bindungsformen. Zum Schluss wird die letzte Reihe in der Mitte auf ein Band gefädelt oder die Netzmaschen werden ineinander geschlauft, um ein Aufgehen zu verhindern. Die Bindungsformen werden unterschieden in Einhänge-, Flecht- und Zwirnbindesprang.

Sprang ist die älteste gewebebildende Technik. Frau Dr. Karina Grömer schreibt in ihrem Buch „Prähistorische Textilkunst in Mitteleuropa“, dass Netztechniken schon in der Alt- und Mittelsteinzeit bekannt waren. Das bedeutet, dass diese Art von Geweben schon seit über 8000 Jahren von uns Menschen gefertigt und getragen wird. Da aber das verwendete Biomaterial – also Garne aus Wolle oder Bast – sich sehr leicht abbauen, fand man die ersten handfesten Beweise in Form von Abdrücken erst ab der Jungsteinzeit. In ihrem Artikel „Textilabdrücke an den Innenseiten von Tiegeln aus Erdeborn“ erzählt Frau Dr. Karina Grömer von flächig eingedrückten textilen Strukturen in Gefäßbruchstücken, die von Sprangtechniken stammen könnten.

Das erste erhaltene Spranggeflecht fand man im Grab der Frau von Borum Eshoj, das aus der Bronzezeit, also um ca 1300 vor Christus, stammt. Als Borum Eshoj bezeichtnet man die Hügelgräber, die nahe Arhus im dänschen Jütland liegen. 1871 wurde das Grab dieser Frau gefunden. Funde gelangten ins Nationalmuseum, wo man sich nun das gut erhaltene Haarnetz anschauen kann. Sprang begleitet uns also schon wirklich lange und verbreitete sich mit den Völkern. Wir finden es in den römischen Siedlungen in der Schweiz, als auch in koptischen Gräbern in Ägypten. Und wenn viele Menschen über lange Zeit eine Technik ausüben, wird diese auch perfektioniert und kreativ angepasst. Findet man am Anfang nur Haarnetze und Aufbewahrungsnetze, so findet man im 6. Jhd nach Christus in Norwegen auch Beinlinge, die mittels Bändern aus der Brettchenwebtechnik verhübscht wurden. Sogar in Südamerika und Asien wurde die Sprangtechnik gefunden. Diese Funde reichen bis ca 1100 Jahre v. Christus zurück.

Aber obwohl sie über tausende von Jahren verwendet wurde und sie im Grunde nicht schwer zu erlernen ist, geriet sie in Vergessenheit. Dabei bietet diese Technik viele Vorteile:
das Geflecht ist dehnbar und stabil zugleich,
es kann sehr dicht und auch wenig dicht geflochten werden und bietet daher eine Vielzahl an Verwendungsmöglichkeiten,
durch die Dehnbarkeit kann ein Kleidungsstück für viele Körperformen ohne Änderung angefertigt werden und
in der Aufbewahrung sind Sprangbeutel sehr klein und dehnen sich im Gebrauch aus.